Fahrgestelle (Chassis)
Ein Fahrgestell (Chassis) besteht aus dem Rahmen, den Rädern, dem Triebwerk, den Bremsen, der Kraftübertragung, den Achsen, der Lenkung und der Aufhängung.
Der Rahmen des Fahrgestells vom Citroën 5HP ist aus kalt gepressten 3mm Stahlträgern (U-förmig) zusammengenietet. Um Verwindungen der Längsträger zu vermeiden, wird die Form eines Trapezes verwendet.
Motor, Kupplung und Schaltgetriebe bilden eine Einheit. Dadurch ist die gesamte Einheit besser zugänglich und kann an drei Stellen am Rahmen befestigt werden, was das Ganze von den Verformungen durch die Straße ausgleicht. Der Motor ist ein Vierzylinder mit 55mm Bohrung und 90mm Hub, welcher bei 2100 U/min 11 PS leistet. Er verfügt über einen abnehmbaren Zylinderkopf. Mittels Tauchschmierung wird im Kurbelgehäuse ein Ölnebel erzeugt, welcher die Schmierung vom Motor gewährleistet. Für den Kühlwasserkreislauf wird das Thermosiphon-Prinzip angewendet. Der Vergaser ist ein "SOLEX", vom Typ horizontal rechts. Die Kraftstoffzufuhr erfolgt durch die Schwerkraft.
Als Kupplung dient eine Einscheiben-Trockenlaufkupplung. Zum Schalten der Gänge sind drei Vorwärts- und einen Rückwärtsgang verfügbar. Die Untersetzungsverhältnisse sind: 1. Gang => i=0.316 (15,5 km/h), 2. Gang => i=0.562 (27,5 km/h), 3. Gang => i=1 (49 km/h), Rückwärtsgang: => i=0.246. Die Kardanwelle ist in einem Schubrohr gelagert. Die Drehbewegung wird über eine flexible Gewebescheibe auf die Kardanwelle übertragen. Im Differential sorgt eine spezielle Pfeilverzahnung («Chevrons Citroën») des Kegelräderpaars für die Kraftübertragung auf die hinteren Antriebsachsen. Die Lenkung besteht aus einer Lenkspindel mit Lenksegment und ist irreversibel.
Am Fahrgestell sind vier Halbfedern montiert. Die Räder sind aus gedrücktem Blech, sie sind leicht zu demontieren, da sie nur mit vier Muttern an den Naben befestigt sind. Sie wurden ursprünglich von MICHELIN bereift der Montagelinie zugeführt, daher wird aus logistischen Gründen die Standardfarbe schwarz verwendet. Die Bremsung erfolgt durch zwei Arten von Bremsen, einer Differentialbremse, die am Ausgang des Getriebes angeordnet ist und durch ein Pedal betätigt wird, und eine auf die Hinterräder wirkende Bremse, die durch einen Hebel über ein Bremsgestänge betätigt wird.
Die elektrische 6V-Ausrüstung des Fahrgestells umfasst einen Dynamo, der am vorderen Ende der Kurbelwelle platziert ist und vom Motor betrieben wird, einen Rückstromschalter, eine Akkumulatorenbatterie und einen Anlasser mit seinem Fußpedal.
Es wurden zwei Fahrgestell-Typen fabriziert:
Fahrgestell | Motor | Ungefähre Bauzeit | Ungefähre Serie-Nr. |
---|---|---|---|
Typ C2 (kurzes Chassis) | Batteriezündung | März 1922 bis September 1922 | 1 bis ca. 5000 |
Magnetzündung | Oktober 1922 bis September 1923 | ca. 5000 bis ca. 18000 | |
Typ C3 (langes Chassis) | Magnetzündung | Oktober 1923 bis Mai 1926 | ca. 18000 bis 76000 |
Fahrgestell Typ C2
Die offizielle Serienproduktion begann im März 1922 im eigens
für den 5HP eingerichteten Werk Levallois. Es ist durchaus
möglich, dass vorab einige Fahrzeuge im Hauptwerk am Quai de
Javel hergestellt wurden.
Produktionszeit März 1922 bis September 1922:
Die ersten ca. 4000 Fahrzeugen (bis Sommer 1922) wurden mit einer Motorhaube mit 3 Lüftungsschlitzen und mit einem fest kombinierten Kühler, bei dem die unteren Befestigungslaschen aussen angenietet sind, ausgerüstet. Beim Citroën-Emblem auf dem Kühler sind die Chevron-Pfeile blau auf vernickeltem Grund.
Auch beim Motor wird nach kurzer Zeit die Ölwanne mit Kühlrippen ausgestattet, welche die anfängliche Ölwanne ohne Kühlrippen ersetzte.
Bei den ersten ca. 3000 Herstellerplaketten ist die Seriennummer ausgestanzt, später wird sie mit Schlagzahlen eingeschlagen.
Aus fabrikationstechnischen Gründen wird ab Mitte 1922 der Kühler getrennt in ein Kühlelement und einer vernickelten Kühlermaske ausgeführt. Das Citroën-Emblem auf dem Kühler erhält ab diesem Zeitpunkt vernickelte Chevron-Pfeile auf einem blauen Hintergrund.
Der Motor mit Batteriezündung ist mit dem System DELCO [L326] oder R.B. DB4 ausgerüstet. Anlasser und Lichtmaschine werden mit Spannstücken befestigt.
Merkmale:
Rahmen | 4 Querstreben (Traversen), hinten offen |
Radstand | 2.25 m |
Zündung | Batteriezündung (DELCO oder R.B.) |
Rückstromschalter | auf Lichtmaschine |
Zylinderblock | Höhe 142.5mm |
Schwungrad | Breite 80mm |
Differential | Form rund, Pfeilverzahnung, Verhältnis 9x44 |
Anzahl Federblätter | Vorne 5, hinten 7 |
Raddimension | 700x80 |
Lochkreisdurchm. für Radbefestigung | 100mm |
Lenkung | Lenkgetriebe mit kurzer Lenkschnecke, Lenk- und Spurstange 1. Ausf., Lenkradaussendurchmesser 400mm. |
Produktionszeit Oktober 1922 bis September 1923:
Wie der kleine Beizettel im Katalog vom Spätsommer 1922 belegt [L108], wird das
1923er-Modell mit einer Magnetzündung ausgerüstet. Der genaue
Grund für diesen Wechsel ist in keinem offiziellen Bulletin
dokumentiert. Es wird aber angenommen, dass die Zuverlässigkeit
der Batteriezündung den Anforderungen nicht genügte.
Die Bezeichnung des eingesetzten Magnetzünders lautet R.B. N 10 [L48].
Der Anlasser wird durch eine Bride festgeklemmt (nachfolgende Abbildung (Bild 2-2) noch mit Spannstück). Die Lichtmachine wird mit einer Andrehkurbelklaue versehen, so dass dies das Andrehkurbelsystem vereinfacht.
Merkmale und Modifikationen:
Rahmen | 4 Querstreben (Traversen), hinten offen |
Radstand | 2.25m |
Kardanwelle | 985mm |
Zündung | Magnetzündung (RB N 10/4) |
Anzahl Federblätter | Vorne 5, hinten 7 |
Raddimension | 700x80 |
Lochkreisdurchm. für Radbefestigung | 100mm |
Fahrgestell Typ C3
Produktionszeit Oktober 1923 bis September 1924:
Beim 1924er-Modell wird eine Änderung am Rahmen vorgenommen. Dabei wird das Chassis verlängert und über der Hinterachse entsprechend hochgezogen und hinten durch eine Traverse geschlossen. Der Achsabstand wird um 10cm auf 2.35m verlängert. Dieses Fahrgestellt wird bis zum Produktionsende ohne grössere Modifikationen eingesetzt. Durch die Reduktion der Schwungmasse des Schwungrades erfolgt eine Erleichterung vom Schaltvorgang, was dadurch eine agilere Fahrweise ermöglicht. Alle Fahrgestelle werden ab Juni 1924 mit den von MICHELIN eingeführten Niederdruckreifen «Comfort» (Ballonreifen) und den entsprechenden Wulstfelgen (715x115) ausgestattet [L386].
Merkmale und Modifikationen:
Rahmen | 5 Querstreben (Traversen), hinten geschlossen |
Radstand | 2.35m |
Kardanwelle | 1085mm |
Zündung | Magnetzündung (RB 10/4) |
Schwungrad | Breite 56mm |
Bremsen | Getrennt |
Anzahl Federblätter | Vorne 6, hinten 8 |
Raddimension | 700x80, ab Mitte 1924 715x115 |
Lochkreisdurchm. für Radbefestigung | 100mm |
Lenkung | Lenkgetriebe mit langer Lenkschnecke, Lenk- und Spurstange 2. Ausf., Lenkradaussendurchmesser 410mm. |
Produktionszeit Oktober 1925 bis Mai 1926:
Der Lochkreisdurchmesser für die Radbefestigung wird auf 130mm erhöht, was auch eine Änderung der Reserveradhalterungen mit sich bringt.
Die Höhe des Zylinderblocks wird auf 140.5mm reduziert [L146], welches die Kompression erhöht [L79]. Die Kolben aus Stahlguss werden ab der Motor-Nr. 56160 [L39] durch solche aus Aluminiumguss ersetzt.
Im Januar 1925 wurde der SOLEX-Vergaser mit Drosselzylinder mit einer Luftklappe ausgerüstet [L146]. Der im Juli 1925 zum Einsatz gekommene Vergaser mit einer Drosselklappe, verfügte ebenfalls über eine Luftklappe [L146]. Beide Vergaser sind mit einer Zugvorrichtung, welche durch das feste Bodenblech durchgeführt wird und im Armaturenbrett mit einem Zugknopf versehen ist, montiert. Alte Vergaser ohne Luftklappen können mit einem Nachrüstsatz nachgerüstet werden [L146].
Das Getriebe wird verstärkt [L146], indem vorne eine vergrössertes Kugellager, und hinten ein doppelreihiges Kugellager verwendet wird. Dadurch versetzt sich der Anschluss der Bremstommel nach hinten, welches durch eine Modifikation kompensiert wird, wovon auch die Hauptwelle betroffen ist. Die Klauen vom direkten Gang sind vertärkt und am Gehäuseunterteil wird unterhalb des Schwungrades eine Schmutztasche angebracht. Die Untersetzungsverhältnisse bleiben unverändert.
Das Differential wird überarbeitet [L146], ersichtlich am ovalen Differentialgehäuse, wobei weiterhin die bewährte Pfeilverzahung verwendet wird, jedoch mit einem Untersetzungsverhältnis von 8x45.
Auf Grund der Niederdruckreifen «Comfort» [L61], welche auf das Lenkgetriebe höhere Kräfte ausüben, wurde das Lenksegment und die Lenkschnecke mit dem Gehäuse verstärkt.
Das Kühlsystem wurde ab 1. Juni 1925 [L146] (ab Serie-Nr. 58517 [L39]) durch einen Ventilator verbessert [L61].
Merkmale und Modifikationen:
Rahmen | 5 Querstreben (Traversen), hinten geschlossen |
Radstand | 2.35m |
Zündung | Magnetzündung (RB N 10/4) |
Rückstromschalter | auf Motorwand |
Zylinderblock | Höhe 140.5mm |
Kardanwelle | 930mm, ohne Keilwellenendstück. |
Differential | Form oval, Pfeilverzahnung, Verhältnis 8x45 |
Bremsen | Getrennt |
Anzahl Federblätter | Vorne 6, hinten 8 |
Raddimension | 715x115 |
Lochkreisdurchm. für Radbefestigung | 130mm |
Lenkung | Verstärktes Lenkgetriebe. |
Anmerkung:
Differentiale mit Schraubenverzahnung (Gleason) (9x44) für runde Hinterachsgehäuse waren in der Epoche als Alternative im Zubehörmarkt erhältlich [L145].
Das Differentialgehäuse besteht aus Eisen-Temperguss und ist mit einem Axiallager versehen um die auftretenden Kräfte vom Antriebsritzel aufzunehmen.
Das Differential kann ohne Anpassungen montiert werden [L287].
Solche Differentiale wurden jedoch durch das Werk Citroën nie ausgerüstet.
Ab 1928 sind im Ersatzteilangebot nur noch Kegelräderpaare mit Schraubenverzahnung 9x50 zum ovalen Differential lieferbar.
Zur Aufnahme der erhöhten Achsialkräfte wird die Lagerung des Ritzels modifiziert und mit einem doppelten Achsiallager versehen.
Komplette Hinterachsen sind sowohl für C2 als auch für C3 Fahrgestelle verfügbar [L65, L218].